Ausstellung

1998

Ausstellungseröffnung in der Galerie Alte Feuerwache Eichwalde

am 22. März 2002

Rede zur Ausstellungseröffnung

am 22.3. 2002 in der „Alten Feuerwache“ Eichwalde

Dr. Klaus Weidner, Kunsthistoriker

Hauptsächlich Berliner Stadtlandschaften haben es dem Maler Frank Beutel angetan, so sehr, daß man das den eigentlichen Mittelpunkt seines Schaffen nennen kann.

In der Kunstgeschichte und auch unter den heutigen Berliner Künstlern steht er damit nicht allein. Berlin ist zwar nicht so attraktiv wie Rom oder Paris, eine der norddeutschen Backsteinstädte oder die Fachwerkhäuser am Harz. Eigenartigerweise hat aber die Berliner Stadtlandschaft immer wieder Künstler inspiriert und das schon seit Jahrhunderten.

Einer der bekanntesten Berliner Stadtlandschafter, Eduard Gärtner, kletterte 1835 auf das Dach der Friedrich-Werderschen Kirche und schuf ein Rundblick-Gemälde von der damaligen Berliner Innenstadt. Der eine oder andere hat es vielleicht schon mal gesehen oder auch die Granitschale vor dem Alten Museum im Lustgarten, minutiös von Johann Erdmann Hummel auf eine Leinwand gebracht. Das war damals sozusagen protokollarische Architekturmalerei, keine Suche nach reizvollen Motiven. Die Bauten des Königs sollten dokumentiert werden. Friedrich Wilhelm III war der hauptsächliche Käufer der „Veduten“, wie man diese Art Landschaftsabbilder nennt. Hier fanden sich kaum Spuren älterer Architektur, kaum Ansichten bürgerlicher Bauten oder etwa der Straße "Unter den Linden" mit alltäglichem Leben, Hotels, Cafes etc.

Der Wirklichkeitssinn dieser Kunst ist vom gleichen Geist wie die Klarheit und kühle Zurückhaltung des preußischen Klassizismus in der Architektur. Berlinische Nüchternheit, sagt man. Dabei sind die vielfach kleineren Gemälde nicht zuletzt wegen einer feinen Lichtführung doch reizvolle Malerei.

Der Weimarer Herr Geheime Rath von Goethe sprach von einem "Prosaischen Zeitgeist ", der an der Spree herrsche, ..wo der "Naturalismus mit der Wirklichkeits- und Nützlichkeitsforderung zu Hause" sei.

Da hat ihm der Berliner Bildhauer Schadow das Nötige geantwortet.

Aber ein "charakteristischer Kunstsinn", dem jede italienisierende Idealisierung abhold ist, war schon Eigenart der Berliner und ist es bis heute. Im Alltäglichen, Unbedeutenden findet die typische Berliner Malerei meist unsentimental und unpathetisch das Ihrige.

Diese Traditionslinie reicht in der Grafik von Chodowiecki am Ende des 18. Jahrhunderts über Menzel, Zille bis zu Arno Mohr oder Manfred Butzmann, von den vielen Malern will ich wenigstens für die zwanziger Jahre Wunderwald und Baluschek nennen, sodann Werner Heldt, Otto Nagel für die Nachkriegszeit und schließlich aus der großen Schar älterer Jetziger den Konrad Knebel oder Frank Beutels Lehrer Dieter Gantz.

Frank Beutel steht mit einem Bein in dieser Traditionslinie. Eine Straßenecke im Prenzlauer Berg, mit Brikettwerbung an einer riesigen Ziegelwand, im Hintergrund die Mauer, dazu eine Tankstelle, ein kleines Fachwerkhaus und eine weiße Gestalt, die vorüber eilt. Das als bildwürdig zu entdecken und dann daraus eine faszinierende Malerei zu machen, ist Geist vom Geist dieser Überlieferung.

Aber gerade wenn man auf die Farben guckt, erkennt man noch eine andere Erbschaft. Bei aller koloristischen Zurückhaltung da und dort, aufs Ganze lebt das von der Farbe und dem Licht. Wie bei Carl Blechen im 19.Jahrhundert, bei Menzel oder Max Liebermann und überhaupt den sogenannten Berliner Impressionisten. Die Räume mit den Werken Blechens sind mir das Liebste in der neu gestalteten Nationalgalerie und wie ich aus Gesprächen mit Frank Beutel weiß, ist das bei ihm auch so. Leuchtende und dabei subtilste Farben, keine nüchternen Stadtveduten, sondern „Motive“, zufällig Entdecktes, etwa ein Blick über Berliner Hausdächer und ähnliches.

Wie bei Beutel!

Wir erkennen die Gebäude des Berliner Zentrums, das Bode-Museum etwa oder das Große Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Aber wie so ein Stück Architektur ins Bild gesetzt ist, ausschnitthaft meist, das will auf charakteristische Erlebniswerte hinaus, von dem, was „Berlinisches“ ausmacht. Und in die Feierlichkeit der neubarocken oder klassizistischen Fassaden mischt sich dann irgendwas Profanes. Auf dem Gendarmenmarkt starren die Leute auf die „Goldenen Vliese“, die wie zu Reklamezwecken von Kränen geschwenkt werden, den Straßenmusikanten gleich daneben, der vielleicht wirkliche Kunst anbietet, bemerkt keiner, am Bode-Museum schwimmt eine „baden gegangene“ Muse vorbei, (eine ironische Anspielung auf die von Romantikern so gern gemalte „Ophelia“). Überhaupt muß man bei jedem Bild achten, was der Künstler kontrastvoll zueinander komponiert hat. Wie ein Weltraumschiff ist der verkleidete Reichstag am Spreeufer zwischen den alten Häusern und der romantischen Brücke gelandet.

Und all das in den schon gelobten Farben, mal ganz differenzierte Töne, anderes kräftiger und pastos, auf jeden Fall nicht die nüchterne Wirklichkeitsgenauigkeit der besagten Vedutenmaler, die Goethe nicht so gut fand.

Solche Malkultur ist das andere Standbein des Frank Beutel, und mit der Mischung von berlinischer Nüchternheit und malerischer Verve bringt er in die Traditionen, die ich ihm hier auf die Schultern gewälzt habe, etwas ganz Eigenes ein.

Frank Beutel spricht von einer Art "Haßliebe zu Berlin". „Ich möchte mit meinen Bildern einen Zugang zu dem Moloch Häusermeer schaffen", sagt er. Berlin habe wunderschöne Ecken und die Stadt sei dabei, sich ständig zu verändern. Es sind manche der Gemälde und Grafiken eine Art Gegenbilder zur Hektik des jetzigen Berlin und auch der Protzerei mit der jeweils neuesten, noch nie gekannten Architekturverrücktheit.

Wenn ich die Augen schließe und mir „Berlin“ vorstelle, fallen mir Häuser, Straßen und Winkel ein, wie sie Frank Beutel malt.

Was Sie hier heute sehen, ist in Öl, Acryl, Pastell und Kohle gemalt oder gezeichnet. Aber Beutel kann noch mehr und ist immer voller neuer Einfälle.

Weil wir gerade am Gendarmenmarkt waren: Rechts neben dem Großen Schauspielhaus steht die „Französische Friedrichstadtkirche“. Das Untergeschoß beherbergt das Restaurant „Refugium“. Gehen Sie mal hinunter, nach dem Konzert etwa. Ich werbe jetzt nicht für die gute Küche dort. Sie finden an den Wänden und an der Decke Wandgemälde, Frank Beutel hat Sie zusammen mit seinem Freund Slawa Schljachow geschaffen.

Feine, in zarten Tönen gehaltene Motive, man sitzt dort und schaut und entdeckt immer etwas Neues. Bilderzählungen könnte man sagen.

Wandmalerei kann Frank Beutel also auch, das war eine der Stärken der Ausbildung an der Weißenseer Kunsthochschule. In Marzahn, in Lichtenberg, Altglienicke und anderswo entstand mehr als ein Dutzend Wandgemälde von ihm, die jetzt leider kaum gepflegt werden. Besonders reizvoll finde ich ein Projekt am Barnimplatz in Marzahn. Da wurde ein Wettbewerb unter Schulkindern ausgelobt und Frank Beutel hat mit den jungen Leuten zusammen aus deren Bildern eine 70 Meter lange Wandgestaltung entstehen lassen.

Glasbilder gibt es auch von ihm und, wie Sie sehen, Paravents malt er auch, wenn sich so ein Auftrag ergibt. Wenn Sie den hier wiedersehen wollen, gehen Sie ins besagte Restaurant „Refugium“, dort kommt er hin.

Frank Beutel kann auch Litfaßsäulen noch schöner machen, als Sie schon sind, aber das kommt erst noch.

Für heute wünsche ich, wünschen wir uns von dem Maler weiter viele schöne Werke, Käufer auch für das eine oder andere, und Ihnen wünsche ich viel Freude mit den hier ausgestellten Gemälden und Grafiken.