Wandmalerei Wendeltreppe 1 "Reise um die Welt", 2003
Berlin Charlottenburg, Fritschestraße 22
Entwurf und Ausführung:
Frank Beutel
Material: Acryl / Putz
Reise um die Welt in 152 Stufen
Ein ehemaliger Dienstbotenaufgang mit einer scheinbar endlosen, eisernen Wendeltreppe sowie der dazugehörige Lichtschacht (ca. 5 x 5 m) des Hauses Fritschestraße 22 in Berlin Charlottenburg wurden mit immensen Aufwand hergerichtet, um durch die folgende Wandbemalung
Licht, Raum und Heiterkeit
zu schaffen.
Die Reise vom Südpol im Eingangsbereich, mit einem Abstecher in den "Atlantis-Hof", zum Nordpol in der Dachetage erlebt man als eine Reise mit vielen Überraschungen.
Mieter stifteten für den "Atlantis-Hof" eine farbenprächtige Hängematte aus Lateinamerika und für die "Weltreise" durch die Hausetagen einige Bildmotive.
Viele Details, wie die gärtnerische Hofgestaltung mit dem "Blauen Brunnen", eine Schatztruhe und die Sitzecke im Hof vervollständigen das Bild zu einer runden Gesamtkonzeption.
Ausgangssituation
In dem 1907 gebauten Wohnhaus wurden in den 90iger Jahren die sehr großen Wohnungen einmal so geteilt, dass die entstandenen kleineren Wohnungen nur noch über den ehemaligen Dienstbotenaufgang (ca. 2 x 3 m) zu erreichen waren.
Vorzugsweise wurden diese Wohnungen an Studenten und junge Leute vermietet, die nicht selten kleine Kinder hatten. Die eiserne Wendeltreppe dieses Dienstbotenaufgangs war grau, eng und endlos (von Etage zu Etage ein Zwischenpodest mit Fenster) und hatte eine extrem negative Aura. Schaute man dann noch durch das Fenster in den schwarzen "Licht?"-Schacht hinunter, wurde die Wendeltreppe zum Alptraum.
Die Weltreise sollte als wechselnde Farbstimmung wahrgenommen werden, die sich an die entsprechenden globalen Gebiete orientiert.
In diesem besonders engen Treppenturm geben große helle Farbflächen dem Auge Raum und optische Weite. Diese Empfindung wird noch gesteigert von wirklich kleinen, malerischen Details.
In die Wandgestaltung wurden interessante Worte mit realem Bezug, wie Woolloomoolloo, Krill, Udaipur oder Plymouth, als phonetische Klänge integriert, um einerseits in einigen Wandabschnitten den auseinanderfließenden Farben einen gewissen Halt zu geben, und um andererseits auch gedankliche Anreize zu schaffen.
Sanierung
Mit großem Aufwand wurde 2003 der Lichtschacht neu verputzt und weiß gestrichen, eine Tür vom Treppenflur zum Hof eingebaut und dort eine Sitzecke mit Grünpflanzen geschaffen .
Der gesamte Treppenraum wurde renoviert.
Der Lichthof
Eine Eisentür mit Bullauge öffnet vom Südpol- Treppenabschnitt in den Atlantis-Lichthof, jetzt ein Refugium, dem man die einstige Enge nicht mehr ansieht.
Von einer Bank in der Ecke oder von einer peruanischen Hängematte, dessen Ende ein Adler mit sich trägt, schaut man auf eine rundum gemalte antike Landschaft (ca. 5 x 5 m und 4m hoch). Man sieht den röhrenden Hirsch in einer goldgelben Glaspyramide, eine rote Glaskugel im ruhigen Meer, in der ein Segelboot in stürmischer See seine liebe Not hat und mehrere dunkelblaue Glasquader, die in der Wüste rätselhaft leuchten. Ein realer blauer Quader steht vor den gemalten, in ihm sprudelt leise ein beleuchteter Brunnen. Eine wirklich unwirkliche Welt zum Entspannen.
Zwitschert oben auf dem Schachtende ein Zeisig, wird durch die enorme Schachthöhe eine einmalig schaurig schöne Akustik erzeugt.
Die Wendeltreppe
Der metallische Klang der Stufen, das Gewirr von eisernen Handläufen, Geländerstreben und das zentrale Tragrohr der Treppe erinnerte an ein U-Boot oder ein Dampfschiff. Also lag die Idee einer Weltreise auf der Hand.
Zunächst aber musste eine optische Ordnung geschaffen werden, um die vorhandenen räumlichen Strukturen klar zu gliedern.
Dazu bekamen folgende Treppenelemente eine bestimmte Farbigkeit:
Tragrohr als zentraler Mast
- Terra di Siena, gebrannt dunkel
Geländer -Neapelgelb
Stufen und Podeste
- Terra di Siena, natur(Linoleum)
Setzstufen - graublau
Stufen von unten sowie Decken
- weiß, hellblau abgesetzt.
Die Realisierung dieses Projektes war sehr angenehm, die Mieter waren von Anfang an mit dem Herzen dabei und boten mit Kaffee und Kuchen vielerlei persönliche Reiseerlebnisse, ein kleines türkisches Mädchen bekam strahlende Augen, als sie Sindbad entdeckte.
Die Arbeit auf der Treppe wurde immer kurzweiliger.
In relativ kurzer Zeit waren sämtliche Wohnungen bezogen.
Da eine fotografische Dokumentation sehr kompliziert, wenn nicht gar unmöglich ist, sehen Sie auf den folgenden Seiten eine Wandabwicklung. (Die Auftraggeberin und Hauseigentümerin Frau Senger ist für Besichtigungswünsche immer aufgeschlossen.)
Lichthof „Atlantis“
Größe ca. 5m x 5m x 4m hoch
Material: Silikatfarben
Länge einer Seite des quadratischen Hofes